„Miss Ames, gestern ist dieser Schriftsatz vor Gericht eingegangen“, verkündet der Richter. Liz Ames steht auf und bestätigt, doch der Richter fährt fort: „Sie erläutern darin mittels des Terminkalenders die möglichen Termine, zu welchen die Änderung des Testaments von Mr. Charles Benjamin Howard zugunsten von Mrs. Esther Goldstein-Howard zustande gekommen sein kann. Möchten sie den Schriftsatz kommentieren, der in dieser Form auch Mr. Landsman und seinen Kollegen zugänglich gemacht wurde?“ Die Anwältin lässt sich nicht lange bitten. In kurzen, prägnanten Sätzen erläutert sie, wann und wie Änderungen am Testament von Charles Benjamin Howard beim Notar Mr. Aldred vorgenommen und in dessen Safe eingelagert wurden. Das Testament sei nach einer Änderung kurz nach der Scheidung Charles B. Howards von seiner zweiten Frau Isabelle Lagarde über viele Jahre hinweg nicht angetastet worden. Erst einige Wochen nach der Hochzeit von Charles und Esther sei die nächste und damit letzte Änderung am Testament vorgenommen worden. „Wir bitten zu beachten, dass Mr. Howard seinen letzten Willen vorletztmalig anpasste, nachdem er öffentlich mit seinem Bruder Nicolas Howard, seiner Tochter Dorothy Howard-Fielding und seinem Sohn Charles Howard Junior brach, in zeitlichem Zusammenhang mit der Scheidung von Mrs. Isabelle Lagarde – eine Anpassung zugunsten seiner Kinder und seines Bruders zu diesem Zeitpunkt kann als sehr unwahrscheinlich angesehen werden.“ Sie beruft sich auf den Inhalt des nun zu vollstreckenden Testaments und stellt in den Raum, dass es sehr viel wahrscheinlicher sei, dass die letzte Änderung nicht nur zugunsten Esthers, sondern auch zugunsten Claires, Dorothys, Nicks und Charles Juniors ausgefallen sei. Als sie nichts mehr anfügen will, weist Bob Landsman die Einlassung als rein spekulativ zurück. „Wenn Mr. Aldred uns eine glaubhafte frühere Version des Testaments vorlegen könnte, welche die Howard-Familie außen vor lässt, würde ihr Konstrukt vielleicht glaubhaft erscheinen können, Miss Ames. Dies wäre jedoch aufgrund der Verschwiegenheitsvereinbarung zwischen Mr. Howard und Mr. Aldred sogar dann unmöglich, wenn eine solche frühere Version noch existierte. Mit der Trennung von Mrs. Lagarde, so wird glaubhaft aus Mr. Howards Umfeld versichert, blieb Charles B. Howard kaum mehr als eine Familie, namentlich Mrs. Dorothy Howard-Fielding, Mr. Charles Howard Junior und Mr. Nicolas Jeremy Howard.“ Es entbrennt eine vom Richter moderierte Debatte, welche Rolle die Stiftungen „The Bay“ und „Charles B. Howard“ in einem hypothetischen zwischenzeitlichen Testament hätten spielen können. Beide waren zur vorletzten Testamentsänderung, vor der Scheidung Charles B. Howards von Isabelle Lagarde, gegründet worden. Als sich die Debatte zunehmend im Kreis dreht, vertagt der Richter die Verhandlung um die Zulassung der Anfechtung des Testaments. Ames fasst ihre Papiere zusammen und geht zum Mittelgang, wo Cristina Benitez auf sie wartet. Landsman räuspert sich. Als Ames zu ihm hin schaut, deutet er mit dem Finger an, durch einen Ring vor seinem Hals zu greifen – und mit der anderen Hand scheint er etwas zu greifen und daran zu ziehen. Ames funkelt ihn kalt an. Nachdem sie mit Benitez durch eine Meute von Journalisten zum Auto gegangen ist, explodiert sie auf dem Beifahrersitz: „Ich stoße Bob in den Staub, der wird vor mir knien, nicht ich vor ihm!“ Benitez beruhigt sie, soweit sie neben dem Fahren Aufmerksamkeit dafür aufbringen kann. Als sie jedoch fragt, was es mit diesem Willen, den anderen zu unterwerfen, auf sich habe, hüllt Ames sich in Schweigen. Instinktiv greift sie nach einer Whisky-Flasche auf dem Bord, als Benitez sie in die Kanzlei begleitet. Dann lässt sie die Schultern sinken und stellt die Flasche zurück. „Ich erzähl’s dir, Cris. Irgendwann. Aber heute nicht. Ich saufe heute aber auch nicht mehr. Ich habe viel zu viel zu tun!“
Landsman gibt der Presse ausführliche Interviews über den Stand der Dinge vor Gericht, mit zwei Seniorpartnern der Kanzlei im Hintergrund. Claire Howard runzelt die Stirn, während sie das Interview in den Nachrichten verfolgt. Einige Augenblicke später klingelt ihr Handy, sie sieht die Nummer ihrer Mutter und nimmt ab. „Hallo Mom.“ Isabelle Lagarde fragt, ob Claire das Interview mit dem Anwalt gesehen habe, seufzend bestätigt sie. Bei Isabelles Vortrag, wie wütend und verletzt Charles Howard über die Hintertreibung seiner Ehe gewesen sei, hört Claire fast schon weg. Sie erwidert: „Ich weiß, Mom.“ Einen Moment lang schweigt Isabelle Lagarde, dann fügt sie an: „Es hat mich gewundert, dass Dorothy, Nick und Charles Junior im Testament standen. Aber vielleicht war er wirklich einsamer danach, als ich dachte.“ Claire seufzt, sie zuckt die Schultern, auch wenn ihre Mutter das nicht sehen kann. Als Claire fast eine Minute nichts gesagt hat, bricht ihre Mutter dieses Schweigen mit dem Vorschlag, Claire solle einfach abwarten, was passiere. Schließlich treffe es mit Esther keine arme Frau, wenn das Testament tatsächlich aufgehoben werde. Nach ein paar belanglosen weiteren Themen beenden Mutter und Tochter das Gespräch. Als Claire wieder ihr Anatomiebuch ergreift, springt ihre Katze auf ihren Schoß und rollt sich schnurrend zusammen. Mit Mühe wechselt sie so lange ihre Position, bis die Katze bequem liegt und sie trotzdem lernen kann. Eine halbe Stunde später döst sie weg, das Buch sinkt auf den Tisch und die Katze kuschelt sich noch enger an ihr Frauchen.