Thomas Arden betritt das Büro von Elizabeth Ames. Diese hat ihre sonst meist streng zurückgebundenen blonden Haare gelöst, sie fallen ihr auf die Schultern. Ganz ist die mit Haarfestiger versteifte Pferdeschwanz-Frisur aber nicht verschwunden. Ames hat die Beine auf dem Schreibtisch liegen und wiegt ein Whisky-Glas in der Hand. Sie wirkt zufrieden mit sich. Arden hebt die Brauen und grüßt: „Guten Abend…“ Ames sieht auf und grinst: „Oh, das ist er. Die Richterin ist sauer auf Landsman und vergisst die guten Argumente seines Chefs, die Zeitungen berichten nur über Beleidigungen und obszöne Gesten. Das hätte kaum besser laufen können.“ Arden seufzt, dann fragt er, ob sie schon mit Esther Goldstein-Howard telefoniert habe. Ames erklärt trocken, diese sei nicht erreichbar gewesen, erwartungsgemäß. Sie bietet ihm von ihrem Single Malt Whisky an, aber er nimmt nur Wasser – und bedient sich selbst an der Minibar zwischen zwei Aktenschränken, als sie keine Anstalten macht, ihm einzugießen. Schließlich stellt er die Frage, die ihn hergetrieben hat: „Was ist nun mit der Klage wegen geschäftsschädigenden Verhaltens?“ Ames winkt ab. Sie erklärt, wenn Dorothys Anwälte das versuchen wollten, brauchten sie mehr Vorbereitung. Sie zwinkert: „Mach dir keine Sorgen, Tom. Das Testament ist im Moment Baustelle genug für die.“ Arden nippt an seinem Wasser, während Ames mit einem großen Schluck ihr Whisky-Glas leert. Ihr Ton ist befehlsgewohnt, als sie ihn bittet – eher auffordert, ihr nachzuschenken. Bevor Arden sich dessen recht bewusst wird, kommt er ihrem Befehl nach. Sie lächelt, als er die Flasche Laphroaig auf ihrem Schreibtisch abstellt, schwenkt die helle Flüssigkeit etwas hin und her. Arden rümpft ob des Geruchs die Nase: „Was ist das für ein Zeug?“ Sie antwortet nicht, grinst nur und nimmt mit genießerisch geschlossenen Augen einen Schluck. Noch immer liegen ihre Füße auf dem Tisch. Arden zuckt die Schultern, bemüht sich, den Blick nicht ihre Beine entlang zu ihrem Rocksaum schweifen zu lassen und stellt eine Frage, die ihn mehr interessiert als der Whisky: „Was ist eigentlich zwischen dir und Landsman vorgefallen?“ Genüßlich beantwortet Ames erst einmal die Frage nach dem Whisky und lässt Arden zappeln, bis dieser tatsächlich im Ton eines Bittstellers noch einmal fragt, warum Ames und Landsman einander mit solcher Macht verachten. Sie lässt sich Zeit, nippt an ihrem Whisky und wiegt dann den Kopf hin und her. Schließlich erklärt sie: „Ich war mit einer Freundin unterwegs, in Studienzeiten. Er machte uns an und benahm sich, als habe er ein Anrecht. Ich habe seinem Anliegen große Bühne gegeben. Gefiel ihm gar nicht. Seit dem hat sich das hochgeschaukelt.“ Nach einem Zögern fragt Arden, ob es nicht kindisch oder gar destruktiv sei, die Fehde am Leben zu erhalten. Ames lacht und trinkt aus: „Wenn ich Landsman damit provoziere und er dann Fehler macht, wenn er dich auf Schädigung von Howard Industries verklagt, spielt’s dann eine Rolle für dich, ob es kindisch ist?“ Arden ist nicht glücklich mit der Antwort, überhaupt nicht. Aber Gegenargumente fallen ihm nun auch nicht mehr ein. Ames gießt sich ihr drittes Glas Whisky ein, als er ihr Büro wieder verlässt.
„Ihnen ist schon bewusst, dass Mrs. Howard-Fielding mit den Stimmen von Nicolas Howard, Charles Howard Junior und Claire Howard…“, beginnt der Mann im Anzug, aber Esther lässt ihn nicht ausreden. Ihr sei sehr wohl bewusst, dass ihre Rechte im Konzern stark eingeschränkt worden seien. Als Besitzerin von zehn Prozent der Anteile, die Charles Benjamin Howard einmal gehört haben, besteht sie aber auf ihrem Recht, einige Dokumente einzusehen. Seufzend fügt sich der Leiter des Büros. Er hat wenig Lust auf eine telefonische Auseinandersetzung mit Elizabeth Ames und hofft, dass Dorothy Howard-Fielding nicht herausbekommen wird, dass er Esther Einblick in diverse Geschäftsberichte gewährt hat. „Ich hasse es, zwischen den Fronten dieses Machtkampfes zu stehen“, sagt er mehr zu sich, als er zurückkommt. Doch Esther hört ihn gar nicht. Sie starrt durch die polarisierten Scheiben hinaus über Honolulus Westen. Als er die Akten vor sie auf den Konferenztisch legt, erklärt sie abwesend: „Warum sie sich nicht Charles‘ ehemaliges Büro genommen haben, verstehe ich nicht.“ Überrascht, dass sie dieses Thema anschneidet, rechtfertigt er sich mit Pietät, landet am Ende aber doch dabei, dass er so gerne Flugzeuge starten und landen sehe. Das Chefbüro allerdings biete keinen Blick auf den Flughafen. Während sie in den beiden Ordnern blättert, mit dem Smartphone einzelne Seiten fotografiert, bekundet sie ihre Dankbarkeit, nicht in Charles‘ Büro sitzen zu müssen. Die Erinnerung an ihren erst vor wenigen Wochen verstorbenen Mann sei in dem Stadt-Büro mit Blick in Richtung Waikiki besonders intensiv. Dann schiebt sie die beiden Ordner über den Tisch in seine Richtung: „Danke. Fragen sie jeden, der das sehen will, nach seiner Sicherheitsfreigabe. Auch Dorothy Howard-Fielding. Ihr Mann mag Senator sein, das heißt aber noch nicht, dass sie die Freigabe hat, Berichte zum Navy-Projekt zu sehen.“ Er nickt, dann fragt er, ob ihre Sicherheitsfreigabe noch gelte. Sie lächelt und zieht ein zusammengefaltetes Dokument aus ihrer Handtasche. Das Datum zur Wiederholungsprüfung liegt noch zehn Monate in der Zukunft. Ein, zwei Momente starrt sie die Holztür zum Büro ihres verstorbenen Mannes an, das Lächeln erstirbt. Den Büroleiter des Hawaii-Büros von Howard-Industries, scherzhaft „HI-HI“ genannt, hat sie vergessen, obwohl er neben ihr steht. In schmerzhaften Gedanken versunken murmelt sie eine knappe Verabschiedung, bevor sie in den Aufzug steigt. Erst als die Türen sich geschlossen haben, aber der Aufzug noch still steht, sinkt sie mit tränenbedecktem Gesicht gegen die Rückwand. Sie ist froh, dass ihr Wagen in die Tiefgarage gebracht wurde und sie nicht durch die Lobby des Bürogebäudes gehen muss, mit tränenverschmiertem Make-Up. Maskiert mit Sonnenbrille und einem Tuch um die schwarzen Locken steuert sie den Wagen mit offenem Verdeck wieder auf die Straße. Um den Kopf frei zu bekommen, fährt sie einen Umweg über den Highway 2 durch das Zentrum der Insel, statt direkt zum Anwesen an der Ostküste zurückzufahren.
[…] auf ihre Provokation hin unflätig werdenden Gegners exzessiv mit Whisky, lässt sich von einem Klienten in ihrem Büro mit dem Whisky bedienen und zeigt ihren Triumph in fast schon exhibitionistischer Weise vor. Genau so nimmt sie es mit Wut, […]
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